Für heute hatte ich mir einen ganz faulen Tag vorgenommen. Zum ersten Mal auf meiner Tour bin ich nicht vor Fünf aufgestanden, sondern habe brav bis zum Petit Déjeuner um Acht gewartet. Das war ganz schön schwer, so lange im Bett zu bleiben; die Füße wollten unbedingt schon loslaufen, und ausgeschlafen war ich eh schon lange.
Auch war die heutige Etappe die kürzeste von allen bisherigen. Es gab zwar vier Pässe zu überwinden, was aber angesichts der angenehmen Temperaturen knapp unter zwanzig Grad bei bedecktem Himmel überhaupt keine Herausforderung war.
Links und rechts des Weges hab’s heute allerdings nichts zu sehen. Einmal war es die ganze Zeit so nebelig, dass die Sicht kaum hundert Meter weit reichte und dann führte die Etappe ausschließlich durch Wald, und was soll ich darüber schon groß erzählen, Bäume halt. Insgesamt also heute ruhiges, anspruchsloses und meditatives Gehen.
Le Cergne ist ein winziger, eher unbedeutender Ort mit einer einzigen Unterkunftsmöglichkeit. Die allerdings hat, wie auch das zugehörige Restaurant, ein unerwartet hohes Niveau. Ist mir schon fast peinlich, es mir so gut gehen zu lassen; die Franzosen machen es mir so leicht. Dürfen Pilger das überhaupt? Vielleicht sollte ich mal meine Rolle überdenken. Ab Le Puy lasse ich vielleicht mehr Bescheidenheit walten…
Ziemlich wenig Sicht heute; sollte den ganzen Tag so bleiben.
Hübsche Begleiterscheinung des Nebels
So sah der ganze Tag aus…
…und so
Offensichtlich parkt man hier gern seine Wracks in freier Natur 😉
Der Höhepunkt des Tages
Kirche von Le Cergne
Die einzige Unterkunft am Ort
Geht doch, oder?
Lieber Burkard,
endlich einmal ein “normaler” Tag 😉 Kilometer, die ein normaler Mensch gehen kann. Wetter, das in Norddeutschland oft vorherrscht. Frühstück, wie es in Deutschland üblich ist. Aufstehzeit für einen Normalo, …
Du hast einfach den “Fotoblick” – das sieht man an den stimmungsvollen Aufnahmen eines trüben Tages – sehr schön finde ich das Bild mit der Ähre und das folgende – klasse! Aber es war sicher auch ein mulmiges Gefühl durch einen solchen Tag zu gehen, weil die Geräusche durch den Nebel verschluckt werden, man nicht weiß, was in 100 – 200 m ist, …
Deine Auto-Fotos erinnern mich an zweierlei Dinge: Zum einen an unsere Radtour in Namibia – immer wieder fuhren wir an Autowracks vorbei: abgestellt, ausgeweidet, verrostet – vergessen. Zum anderen an das Dossier in der letzen ZEIT: Viele Schlepper lassen ihre alten Autos einfach in Wäldern und auf Feldern stehen, wenn sie ihren Dienst getan haben – ebenfalls vergessen, aber sie hinterlassen tiefe Spuren in unserem Land.
Ein krasser Gegensatz: Du als Wanderer aus Lust und Laune – die Flüchtlinge als Wanderer zwischen den Welten und auf der Flucht vor Kriegen, Gewalt, Not.
Was geht es uns gut!
Genieße das Leben, die Herbergen, das Essen, die Zeit, die Muße, was auch immer Dir wichtig ist auf Deiner Wanderschaft.
Apropos wichtig: Manchmal vermisse ich bei Deinen Berichten über den Tag, die ich nichtsdestotrotz sehr gerne verfolge, ein wenig von dem, was in Dir vorgeht. Aber vielleicht ist das zu intim ….
Was liest Du gerade?
Genussvolle Grüße aus Münster nach Le Cergne von
Ulla
Liebe Ulla,
danke für Deinen ausführlichen Kommentar!
Du, ich bin mir nicht sicher, ob so ein “normaler” Tag nicht zu normal für mich ist. Morgen geht’s auf jeden Fall wieder früh raus. Ich bin einfach zu gern draußen!
Zu meiner aktuellen Lektüre: Jonathan Littell, “Die Wohlgesinnten”. Zuvor: Klaus Theweleit, “Das Lachen der Täter”. Und nebenbei immer wieder abschnittsweise: Augustinus, “Confessiones”, soweit es mir gelingt, im Original.
Herzliche Grüße
Burkard
Lieber Burkard, wir sind gestern Abend zurück gekommen. Am Freitag sind wir nach Guedelon im Burgund gefahren und auf der Fahrt dorthin waren Cluny und Taize ausgeschildert, was ich ja beides kenne, dachte schon ob du wohl schon so weit bist…? Da hätten wir uns ja fast treffen können! Gestern haben wir uns auf dem Rückweg noch die Kathedrale in Reims angesehen und in Senanque in der Provence letzte Woche haben wir mehrere Abendgebete mit den Mönchen erlebt… jetzt muss ich in den nächsten Tagen nachlesen wie es dir ergangen ist, es scheint ja gut zu laufen bei dir!
Viele liebe Grüße in das wunderbare Frankreich von Gudrun und Peter
Liebe Gudrun,
das war ja wirklich knapp, vorgestern war ich noch in Taizé! Ob wir uns in dem dortigen Gewusel allerdings getroffen hätten? Dass Frankreich ein schönes Land ist, kann ich nur bestätigen, und ich hoffe, Ihr hattet angenehme Tage dort! Mit dem Auto kommt man halt schneller rum und sieht mehr, dafür erlebt man das Land vielleicht nicht ganz so intensiv wie als Fußgänger. Ich habe das Glück ja jetzt noch fünf Wochen, bevor es dann über die Pyrenäen nach Spanien geht.
Dir und Euch einen guten Start in den Alltag und ganz herzliche Grüße
Burkard