Heute hat mir der Himmel einiges geboten. Es fing mit leichtem Nieselregen beim Losgehen an. Er verlieh zusammen mit dem nassen Pflaster der noch frühmorgendlich leeren Stadt diesen typischen Zauber, den einfach nur französische Kleinstädte haben können. Das war ein schöner Abschied von Pont-à-Mousson!
Weiter ging’s in Richtung Liverdun. Hier wollte ich ursprünglich Station machen, um auf Joshua zu warten, einen Mitpilger, den ich gestern über Facebook kennengelernt hatte. Er hatte fünf Kilometer vor Pont-à-Mousson genächtigt und wollte in Liverdun zu mir aufschließen.
Auf halber Strecke hatte allerdings der Regen derart zugelegt, dass mein treuer Schirm ihn wegen des stürmischen Windes auf freiem Feld nicht zurückhalten konnte. Mit dem Ergebnis, dass ich bis auf die Haut nass und wegen des Sturms auch eiskalt geworden bin. Ich hatte den Regen eben doch unterschätzt! Beim nächsten Schauer war ich besser gewappnet und hatte Regenjacke und -hose griffbereit. Die beiden zusammen mit meinem gewachsten Hut sind eine ideale Kombination für Niederschläge jenseits der Regenschirmkategorie.
Das Schöne bei so stürmischem Regenwetter ist ja, dass der Himmel, insbesondere in den Morgenstunden, ein schnell wechselndes und atemberaubendes Schauspiel bietet! Ich fürchte, meine Händifotos geben das nur unzureichend wieder.
In Liverdun angekommen war ich schon wieder halbwegs trocken, und als dann auch noch die Sonne herauskam, gab’s kein Halten mehr. Meine Beine wollen einfach weiterlaufen. Wäre da nicht die Verabredung mit Joshua gewesen. Doch wie es der Zufall so will, hatte er die kurz zuvor per Facebook abgesagt; er war wegen des Regens erst gar nicht losgelaufen und wollte heute nur noch nach Pont-à-Mousson. Beim Weitergehen durchströmte mich dann unerwartet ein Gefühl der großen Zufriedenheit über mein einsames Gehen.
Heute konnte ich neben den üblichen Hotel- und Restaurantprozeduren meine rudimentären Französischkenntnisse einsetzen. Das erste Mal fragte mich ein entgegenkommender Wanderer nach dem Weg, und ich konnte ihm tatsächlich mit Hilfe meiner Händi-App weiterhelfen. Und das zweite Mal war ich in einem Café eingekehrt, hatte mir ein großes Bier bestellt und war vom Patron des Hauses mit je einem Schälchen gewürfeltem gekochtem Schinken und Pommes Frites beschenkt worden. Ich war so gerührt über die spontane Freundlichkeit dieses Mannes, dass ich meinem Gefühl unbedingt Ausdruck verleihen wollte. Und das ist mir auch tatsächlich gelungen, und wir haben noch ein paar weitere freundliche Worte gewechselt.
Die letzten Kilometer nach Toul herein waren ätzend, wie immer bei Städten dieser Größenordnung: ewig lange Industriegebiete und langweilige Einfallstraßen. Der Stadtkern von Toul selber ist sehr nett, die ganze Altstadt befindet sich innerhalb einer Festungsanlage. Lediglich die Kathedrale machte auf mich einen heruntergekommenen Eindruck. Offenbar fehlt das Geld für die Restaurierung, stattdessen sind im Kircheninneren Netze aufgespannt, um die Besucher vor herabfallenden Putzstücken zu schützen. Kein schöner Anblick!
Dafür nächtige ich heute in einem echt französischen Hotel, genau so, wie man es sich vorstellt. Etwas heruntergekommen, nicht ganz sauber, aber schöne große Fenster zur sehr lauten Straße hin mit den typischen Fensterläden. Wie gut, dass ich Ohrstöpsel im Rucksack habe!
Guten Morgen, lieber Burkard,
sei nicht so unzufrieden mit Deinen Fotos. Sie spiegeln ganz wunderbar Deinen Weg, viele Eindrücke und auch (Deine) Stimmungen wieder. Ich vermisse dieses Mal das Foto der Kathedrale. Als wir gestern in der Basilika von Gößweinstein waren, haben wir voller Ehrfurcht eine Gedenkminute für Dich eingelegt, zumal vor uns – wir vermuteten nur aufgrund des Gepäcks – eine Pilgerin in sich gekehrt betete. Bestärkt wurden wir durch die Pilgermuschel, die wir hier fanden.
Über den Ring berichten wir auf anderen Kanälen und ich überlege noch, was beeindruckender ist: die unterschiedlichen Kulturfanatiker, die Musik oder der Schlussjubel.
Alles Gute für Dich und sei herzlich gegrüßt
Ulla