Nach erholsamem Schlaf bin ich ganz unbeschwert losgelaufen. Es war ein schöner kühler Morgen mit beeindruckendem Sonnenaufgang, und ich war hochmotiviert. Kein Wunder, dass ich mein im DuMont-Pilgerführer vorgeschlagenes Tagesziel Perl schon am frühen Vormittag erreicht hatte. Und ich fühlte mich so fit und energiegeladen, dass ich unbedingt Frankreich betreten wollte.
Dass ich dann gleich eine komplette weitere Tagesetappe zu absolvieren hätte, wusste ich in Perl glücklicherweise noch nicht. Mein Plan war, einfach nach Frankreich reinzulaufen und dort in der erstbesten Unterkunft abzusteigen. Die gab es allerdings erst in Kédange-sur-Canner, wer hätte das gedacht! Lothringen – zumindest der Teil davon, den ich hier kennenlerne – ist in etwa so dicht besiedelt wie die Eifel. In allen kleineren Orten also tote Hose; kein Geschäft, keine Gastronomie, kein Hotel. Da hilft dann nur: weitermarschieren!
Besonders abenteuerlich ist die Navigation durch die lothringischen Wälder. Wegmarkierungen gibt’s kaum und an den entscheidenden Stellen nie. Der Pfad in meiner “Pocket Earth”-Navigations-App stimmt leider auch nicht an allen Kreuzungspunkten mit den in der Realität vorgefundenen Waldwegen überein, sodass Improvisation gefragt ist. Und das von mir mit meinem sprichwörtlichen Orientierungssinn! Ich habe über weite Strecken Blut und Wasser geschwitzt, ob der fast vollständig zugewachsene Weg, auf dem ich mich gerade befand, tatsächlich mit der gestrichelten Linie auf meiner Karte gemeint sein könnte und mich zum vorgesehenen Ziel führte. Immerhin, ich bin angekommen und habe für die Gesamtstrecke weniger Kilometer gebraucht als im DuMont-Führer vorgesehen. Erstaunlich, nicht?
Jetzt sitze ich im einzigen Hotel und Restaurant im Ort und lasse mir ein “Pelforth Blonde” schmecken. Es wird sicher nicht das Letzte bleiben.
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